Fragen in pandemischen Zeiten
Wir freuen uns auf Ihre Kommentare zu den von uns aufgeworfenen Fragen in pandemischen Zeiten. Bitte beachten Sie beim Verfassen Ihres Statements unsere Höflichkeitshinweise.
Kunst ist das was bleibt. Woran sich Menschen späterer Generationen erinnern und woran sie uns messen werden. Was bleibt ist die Kunst, die Musik, das Theater - in 100 oder mehr Jahren interessiert niemanden mehr das BIP von 2020 oder 2021.
Liebe Theaterschaffende,
welch ein Frust, wenn die geplanten Theaterbesuche ausfielen und welch Freude, als es dann in 2020 wieder losging. Welch Freude wieder engagiertes Theater zu sehen, auch wenn das Feeling bei den Abstandsregeln ein anderes war. Ich fand, dass die Theater sichere Orte waren – kein Gedrängel, kein Murren, Abstand top. Wie anders ist es da beim Einkaufen. Nun der erneute Lockdown und immer wieder eine neue Schleife – wie bei »und täglich grüßt das Murmeltier«. Für mich ist Theater ein Lebensmittel und es macht das Lebens lebenswert. Es gehört zu einer engagierten Gesellschaft einfach dazu. Nun bin ich auf Entzug und hoffe, dass es bald wieder los geht, Ihr fehlt mir.
Hallo, Ihr da alle, als Theaterkonsument und das schon seit Jahrzehnten, Ihr fehlt mir für meine Resilienz.. ich habe keine Ahnung, wie das alles in naher Zukunft mit den Lockerungen laufen könnte.. ich denke nur immer an eines meiner Lieblingsstücke: »Ich distanziere mich von allem, jetzt gut´ Nacht«.. drei Mal angeschaut, immer wieder großartig von Frau Behringer gespielt.. keine Ahnung, wie ggf. dieses Stück auf die Straße gebracht werden könnte, aber es spielt u.a. im Glaskasten und ist Monolog, bis auf den Moment, wo ich als Publikum persönlich angesprochen werde und mich entweder distanziere oder mitgehe.. die Beckergrube ist angeblich verkehrsberuhigt, die Stadt will daran festhalten und ggf. ist das eine Möglichkeit, Monologstücke auf die Straße zu bringen, es müssten ausreichend Lautsprecher vorhanden sein, ein kleines Klientel kauft sich vorher Karten, andere sind ggf. bereit, etwas in eine Hutkasse zu legen und die, die sich null Kultur leisten können, dürfen mitschauen.. die Possehlstiftung unterstützt ggfs.. ohne die läuft fast eh nix in HL.. und Gott sei Dank haben wir diese Stiftung in HL und die Unterstützung in Sachen »Kulturfunke« in Pandemiezeiten.. Es ist nur eine Idee, die gern weiter gedacht werden darf..ansonsten habe ich mich über das Interview von dem sehr verehrten Herrn Andreas in den LN gefreut.. ich bleibe Euch treu, ich hoffe, es geht alsbald mit ggf. auch neuen Übergangsideen weiter.. und Ideen dürfen wir alle haben.. Herzliche Grüße Marita Neumann
Es ist sehr schön zu sehen, wie viele Blickwinkel diese Themen hervorrufen. Eine extrem wichtige Frage wurde gestellt: »Wie schaffen wir es, unsere Menschlichkeit in diesen Zeiten zu bewahren?« Eine Frage, mit der sich die Politik bislang nicht beschäftigt hat. Ein Theater aber wäre ein wunderbarer Verarbeitungsraum hierfür. Wie z.B. soll eine Familie das Trauma verarbeiten, einen geliebten Menschen zu verlieren (nicht nur durch Corona), ohne die Möglichkeit, ihn/sie am Schluss zu begleiten, ohne sie/ihn berühren oder in den Arm nehmen zu können? Einer weiteren Frage hat sich die Politik bislang nicht gestellt: »Wie sollen wir als Gesellschaft und als Individuen mit dem Verzicht, den Einschränkungen, dem Mangel, welchen die meisten von uns nie ausgesetzt waren, umgehen?«
Das Theater ist prädestiniert, durch gesellschaftskritische Überlegungen sowie durch kreativen Umgang mit der Krise in Form von Bühnenwerken auf solche Fragen einzugehen oder davon abzulenken. Musik ist die emotionalste Kunst, in der sich ein jeder individuell suchen, finden oder auch verlieren kann. Ein Konzert- oder Opernabend könnte sowohl Trost als auch Zerstreuung als auch Anregung sein.
Herr Winkmann hat in seinem Beitrag erklärt, dass im Theater stets die Frage gilt: »Was hat das mit uns zu tun?« Sie alle haben in ihren wunderbaren Beiträgen beschrieben, warum Sie zu uns kommen, was es mit Ihnen zu tun hat und warum Sie uns deswegen entsprechend vermissen.
Wir möchten nicht mit anderen Betrieben/Gewerken konkurrieren, uns über sie zu erheben oder deren Systemrelevanz in Frage stellen. Allerdings möchten auch wir unserer Bedeutung gemäß gesehen und wahrgenommen werden sowie unseren Beitrag leisten dürfen, um die Menschlichkeit in unserer Gesellschaft in dieser schweren Krise nicht zu verlieren!
Caroline Metzger, Orchester
Allen Theatermenschen guten Tag,
ich war in der glücklichen Lage die letzte Vorstellung am 12.3.2020 in den Kammerspielen vor dem 1. Lockdown zu genießen, ich habe dann auch noch einmal Glück gehabt und die letzte Vorstellung im Großen Haus zu genießen. Es ging tatsächlich »unter die Haut« in dem Wissen, dass dies alles für längere Zeit vorhalten muss. Es kann aber nicht sein, dass Shoppen, Speisen, Sport etc. vorrangig vor Kultur wieder geöffnet werden soll. Wollen wir nicht mehr das Volk der Dichter und Denker sein? Sollen unsere Nachkommen nur noch streamen? Ich leide darunter, nicht mehr ins Theater zu Lesungen oder ins Kino gehen zu können.
Ich hoffe, dass die Politik sich an unsere kulturellen Werte erinnert und den Zugang zur Kultur so schnell möglich macht.
Ich hoffe, dass alle Kulturschaffenden durchhalten können.
Viele gesunde Grüße
Ilona Siepmann
Liebes Theaterteam,
ich vermisse Euch. Neben all der Arbeit fehlt mir immer mehr die Zerstreuung: die Chance, in eine andere Welt einzutauchen; die Bereicherung durch das Erleben von Kunst. Der Wert eines Theater- oder Konzertbesuchs ist durch nichts ersetzbar und gibt mir Kraft für den Alltag.
Ich glaube, dass unsere Politik zu stark vom Einfluss wirtschaftlicher Erwägungen getrieben ist. Soziale und gesellschaftliche Zusammenhänge spielen eine zu geringe Rolle – dabei können auch sie den Handlungsspielraum bei der Lösung von Problemen stark beeinflussen.
Warum steht die Kultur ganz am Ende der Liste? Ich glaube, dass zu viele Entscheidungsträger:innen sich sehr schwer damit tun, den Wert von etwas zu erkennen, das sich nicht direkt in Zahlen (Erfolg, Kosten/Gewinn, usw) ausdrücken lässt. Sie können dann nicht nachvollziehen, was »es bringt«, sich neben vielen anderen Problemen auch noch damit auseinanderzusetzen. Denn das Risiko der Ansteckung ist bei einem guten Hygienekonzept vermutlich im Theater nicht höher als an so manchem Arbeitsplatz.
Mit dieser Aktion wird vielleicht ein bisschen deutlicher, dass die Auseinandersetzung mit Kultur bei der »Öffnungsdebatte« wichtig und wertvoll ist. Ich würde es mir und Euch wünschen!
Herzlichst + bis bald
Meine Meinung zu diesem heiklen Thema:
Die Beilage in den Lübecker Nachrichten, die Aushänge am Theater: All das hat uns erschreckt und die Probleme offenkundiger gemacht.
Es ist schon ein großer Unterschied, ob wir eine Präsentation im Musiktheater oder im Konzert live erleben oder am Bildschirm betrachten. Allein die Grundstimmung, das Ambiente, das Gefühl »dabei zu sein«. Das können wir am Bildschirm nicht »erleben«.
Und auch die Vorbereitung: Wir freuen uns auf den Abend; wir bereiten uns vor. Wir erleben die Aufführung.
Wenn wir die Akteure betrachten: Wir können uns vorstellen, dass auch Darsteller – seien es die Sänger, die Schauspieler, die Musiker – auch den Kontakt zu »Ihrem Publikum« benötigen. Das direkte Miteinander, die Reaktion zu erleben: Das ist doch auch wichtig.
Theater bedeutet für uns: ein gegenseitigen Geben und Nehmen, welches durch den persönlichen Kontakt positiv beeinflusst wird.
Ich würde mich sehr freuen, wenn Theater wieder öffnen und generell Kulturveranstaltungen jeglicher Art wieder stattfinden könnten.
Sie bieten einfach eine Flucht aus dem Alltag sowie etwas Normalität in der Tagesgestaltung. Und grad jetzt zu dieser Zeit, würde sich glaube ich jeder freuen, sich von seinen Gedanken abzulenken.
Ich denke auch, dass nicht die Theater unbedingt die größte Ansteckungsgefahr darstellen, grad weil hier auch sehr viele Vorsichtsmaßnahmen getroffen worden sind.
Ich wünsche mir, dass die Theater schnellstmöglich wieder öffnen! Gerade im Theater kann der alltäglichen, maskenhaften oder digital bestimmten Kommunikation / Mimiklosigkeit eine lebendige Präsenz und direkte Kommunikation mit dem Publikum entgegen gesetzt werden. Gerade die Kunst kann jetzt gesellschaftlich etwas bewegen: Mut machen, Hoffnung geben, kritischer Spiegel und Impulsgeber für Kopf und Herz sein.
Danke für die wichtigen, kraft- und phantasievollen Aktionen und Statements des Ensembles des Theater Lübeck! Ich freue mich auch sehr, dass Sie, sehr geehrter Herr Holzwarth, die freien Theater und selbstständigen Theaterschaffenden immer wieder als besonders wichtig für die Kultur benennen!
Zunächst: Danke für die letzte »TheaterZeit«. Ein beeindruckendes Zeichen, ebenso die Statements auf Ihrer Internetseite. Mein Kommentar: Nicht nur die Künstler brauchen uns, das Publikum, sondern wir brauchen Kunst und Künstler. Kunst und Kultur haben mehr mit Menschenwürde zu tun als ein Besuch beim Friseur oder im Bordell. Zurzeit werden Jahrhunderte alte Werte und Errungenschaften fahrlässig über Bord geworfen. Das Desinteresse an unserer Kultur scheint mir bedeutend zu sein für den Mangel an Bildung in der deutschen Politik. Dieser Niveauverlust stimmt mich unendlich traurig. In diesem Zusammenhang möchte ich darauf hinweisen, dass die Hygienekonzepte des Theaters ausgezeichnet und vorbildlich waren.
Liebe Theaterschaffenden,
zuerst meine Gratulation zu Ihrer Idee für die Februar-Theater-Zeitung. Besser (und »einfacher«) kann man nicht ausdrücken, wie man sich fühlt, wenn die Kulturveranstaltungen ausbleiben. Sie fehlen uns.
Seit vielen Jahren (besuchsweise) und seit 4 Jahren als »Lübeckerin« begeistern mich die Opernproduktionen der Lübecker Oper.
Vielen Dank für Ihre Anstrengung, coronagerechte Inszenierungen auf die Bühne zu bringen. Davon konnte ich mich bei »Die menschliche Stimme«/»Das Telefon«, »L´Européenne« und »Tolomeo« überzeugen. Auch das Hygienekonzept war stimmig.
Ich wünsche viel Schaffenskraft für die kommende Zeit, wobei ich Sie als Zuschauerin unterstützen möchte.
Durch die vielen hier veröffentlichten Kommentare fühle ich mich gut vertreten.
Kulturveranstaltungsräume hatten sehr gute Coronaschutzkonzepte. Für mich ist der Lockdown unverständlich. Ich denke auch, dass kulturbeflissene Menschen genügend Eigenverantwortung aufbringen, um sich coronakonform zu verhalten. Die Regierung sollte nicht alles reglementieren. Deutschland war bisher auch ein starkes Kulturland. Davon kann man demnächst nicht mehr sprechen.
Ch. Riemenschneider
Liebe Lübecker Theater-Leute,
mit der leere-Seiten-Ausgabe vom 20.02.2021 ist Ihnen und Euch ein absoluter Volltreffer gelungen!!!
Wenn Theater zum Nachdenken anregen und auf allen Ebenen betroffen machen will, dann traf diese Sonderausgabe voll ins sog. »Schwarze«: Ich schlug die Seiten auf, war aufgewühlt und heulte. Mir war, als käme meine ganze Trauer ob der momentanen Situation noch eindeutiger als sonst – an meine ganze Oberfläche. Die leeren Seiten erwischten mich eiskalt und zugleich heiß und brennend. Und: Ich war ziemlich »Sch… drauf« an diesem Samstag...
So unglaublich gelungen ich die Aktion auch fand und finde, so sehr ich Eure Fragen teile, so eindringlich alle Forderungen an politisch-gesellschaftlich Verantwortliche auch weiterhin sein müssen, so sehr ich Euren Schmerz mitfühlen mag – gehöre ich doch selbst zu den Kulturschaffenden dieser Region –, so sehr stell ich auch meine Frage: »War es tatsächlich in Ihrem/Eurem Sinne, dass es die Menschen beim Anblick und Berühren dieser leeren Seiten weiter runterzieht?«
Bei Weitem wichtiger an dieser Stelle ist allerdings mein eigenes Ringen: »Haben (nicht gerade) wir in diesen Zeiten noch etwas Anderes anzubieten?« Wenn ja, dann was? Und wie? Und wo und wer mit wem und für wen...? Auf dem Weg zu evtl. Antworten, Sichtweisen, Haltungen und Taten (?) ... ist die von Ihnen/Euch hier eröffnete Möglichkeit des Dialogs ein wundervoller Schritt und dafür danke ich an diesem Morgen herzlichst.
Ich wünsche allen einen guten Tag!
Dorothea Jöllenbeck
P.S. Wie war das noch mit dem Clown, dessen letzte Waffe das Lachen war?
Liebe Dorothea Jöllenbeck,
vielen Dank für Ihre ehrliche, offene und aufwühlende Mitteilung. Sie beschreiben sehr genau das Dilemma der Kulturschaffenden. Wir werden den Stein sicher wieder mit Energie und Tatendrang den Berg hochrollen, wenn wir dürfen. Das Weiß ist von uns als kraftvolles selbstbewusstes Zeichen der Kultur gedacht, um sich aus diesem Gefühl steigender Ohnmacht zu befreien, und um eine Perspektivendebatte mit Ihnen anzustoßen. Ihre Trauer können wir alle sehr gut verstehen. Jeder von uns durchlebt gerade diese Achterbahnfahrt der Gefühle und wir müssen uns gerade mit vielen verschiedenen Formen des Abschieds und Neuanfangs auseinandersetzen. Aber wir werden bald wieder da sein, lachend, und hoffentlich gelingt es den vielen freien Teams – auch die Stadttheater leben im Zentrum von den Ideen der freien Künstler – zu überleben, denn wir brauchen dringend diese risikofreudigen, nicht festangestellten Ideengeber.
Pit Holzwarth (Schauspieldirektor)
Liebe Frau Jöllenbeck,
herzlichen Dank für Ihren bewegenden Beitrag. Man spürt in Ihren Worten Ihr aufrichtiges Mitgefühl und Ihren Schmerz über die gegenwärtige Situation, in der sich Kunst und Theater befinden. Natürlich wollen wir mit dieser Kampagne nicht ›alle runterziehen‹, aber wir wollen Menschen mit unserer »weißen Aktion« emotional berühren, sie aufrütteln und mit uns in einen Dialog und eine Diskussion führen. Und natürlich haben Sie vollkommen recht, dass wir uns Gedanken machen sollten, wie wir aus dieser Leere mit unserem Theater gestärkt und mit vielen positiven kreativen Impulsen in die Stadt Lübeck und damit zu den Menschen hin wirken können. Das Brainstorming läuft bei uns auf Hochtouren, die Ideen fangen an zu sprudeln und nehmen langsam Kontur an, um hoffentlich bald wieder für Sie und für alle Lübecker:innen Theater machen zu können. Danke für Ihren Beitrag.
Michael Fuchs (Schauspieler)
Liebe Theaterfreunde,
es erfreut mich, die vielen emphatischen und erwartungsvollen Meinungsäußerungen hier zu lesen.
Ich selbst finde mich darin wieder.
Hingegen kann ich Ihre Einschätzung: »Bei der Bund-Länder-Konferenz am 10/02 spielten sie (Theater/Öffnungen) schließlich keinerlei Rolle mehr« und Ihre Frage: »Warum spielen Kunst und Kultur in der gegenwärtigen politischen Debatte so eine untergeordnete Rolle?« nicht in Gänze teilen.
Für mich war sehr wohl ein Vorgehen zu erkennen, in dem die Rolle und der Stellenwert von Kultur in der derzeitigen komplexen Situation wahrgenommen und berücksichtigt wurde.
Unter Punkt 12 des föderalen Beschlusses der Bund-Länder-Konferenz 10/02 steht zu lesen: »Kulturschaffende sind besonders von der Pandemie betroffen, deshalb hat der Bund das Rettungs- und Zukunfts-Programm ›Neustart Kultur‹ neu ausgestattet«.
Es gibt meines Wissens kaum ein Land auf der Welt, wo Theaterkultur einen solch hohen Stellenwert einnimmt. Durch die Initiative »Neustart Kultur« wurde dieser Status über die Pandemie bewahrt.
Vergleicht man Ihre momentane Situation mit Schweden, wo aufgrund einer parlamentarischen konstitutionellen Monarchie ein anderer Weg eingeschlagen wurde, stellt man keinen Unterschied innerhalb Ihres Tätigkeitsfeldes fest. Das Opernhaus in Stockholm ist geschlossen. Auch aus diesem Aspekt betrachtet sehe ich es als irreführend an, wenn Sie sich die Rolle und den Stellenwert eines »Schlusslichtes« geben.
Daneben habe ich Verständnis für den Schmerz, welche die Theaterleitung zu diesem Schritt hier geführt hat.
Es freut mich, dass Sie den Dialog fördern. Aber warum stellen Sie nicht mehr positive Fragen, welche evtl. einen Weg öffnen, der zu einer Kreativität führt, die auch umsetzbar wäre?
Solch eine Frage könnte doch lauten: Wie können Sie das Publikum nach dieser Zeit der »Stille« und »Leere« wieder ans Theater heranführen?
Eine zweite Frage könnte sein: Was nehmen wir aus dieser Krise in die Zukunft mit?
Am allerwichtigsten scheint mir zu sein, wieder zu schätzen, was wir haben. Einige Selbstverständlichkeiten sind uns abhandengekommen und das ist auch gut so.
Wir werden alle ganz anders Musik hören, wenn die Krise vorbei ist.
Darauf freue ich mich.
Herzliche Grüße
Sehr geehrte Frau Janke,
Herzlichen Dank für Ihre Gedanken. Es ehrt uns sehr, wie ernsthaft und konstruktiv Sie und so viele Menschen, denen das Thema offensichtlich sehr am Herzen liegt, an unserer Diskussion teilnehmen.
Erlauben Sie mir, einige Dinge gerade zu rücken. Das Programm »Neustart Kultur« ist natürlich ein reines Förderungsprogramm zur Abfederung finanzieller Folgen des monatelangen Lockdowns für Kulturschaffende, freie Theater, Tanzkompanien etc. Das ist natürlich nur zu begrüßen und wir hoffen, dass diese Unterstützungen auch wirklich allen zugutekommen, die in ihrer Existenz massiv gefährdet sind. Es geht aber bei der Frage, welchen Stellenwert die Kultur innehat, in unserer Diskussion überhaupt nicht um Geld. Es war uns vielmehr wichtig, aufzuzeigen, dass bei Wiederöffnungsstrategien wirtschaftlichen Überlegungen doch unverhältnismäßig größere Bedeutung beigemessen wurde. Es geht auch viel weniger um den Schmerz der Theaterleitung als um die Frage, was es mit den Menschen macht, denen das Lebensmittel Musik/ Theater/ Kunst vorenthalten wird. Natürlich gibt es in verschiedenen Ländern unterschiedliche Strategien und diese sind wiederum unterschiedlich erfolgreich, aber die Bezeichnung Schlusslicht bezieht sich in keinster Weise auf irgendwelche internationale Vergleiche. Geteiltes Leid ist auch nur im Sprichwort halbes Leid…
Das Wort Schlusslicht bezieht vielmehr auf Friseure als auf Schweden.
Ich denke, dass unsere Fragen, die ja auch nur beispielhaft für viele weitere, vielleicht sogar wichtigere Fragen stehen, a priori weder positiv noch negativ sind. Es handelt sich einfach um essentielle Fragen, welche wir ergebnisoffen diskutieren wollen.
Ich stimme Ihnen zu, dass die Frage, was wir aus der Krise mitnehmen, eine ganz essentielle ist. Ich hoffe sehr, dass es uns nach der Krise wieder möglich sein wird, all die pandemiebedingten seelischen Einschränkungen weitgehend zu verarbeiten und zu vergessen, sodass es möglich sein wird, Musik wieder so zu hören wie vor der Krise.
Es grüßt Sie ganz herzlich
Stefan Vladar (Opern- und Generalmusikdirektor)
Die weißen Seiten in der TheaterZeit und das Statement auf der Rückseite haben mir das Elend so deutlich vor Augen gehalten, wie man es nicht besser hätte ausdrücken können. Ich wünsche Ihrem gesamten Team Kraft und Durchhaltevermögen und bewundere maßlos Ihre Bemühungen und Ihre Zuversicht.
Bei allen Einschränkungen in dieser schweren Zeit gehört für mich der Verzicht auf einen Theaterbesuch zu den größten Verlusten.
Ich hoffe mit Ihnen auf baldige Öffnungsmöglichkeiten! Bleiben Sie alle gesund! Wir brauchen Sie!
Ihre Jutta Eschke
Bäämm – die leeren Seiten der Theaterbeilage der LN machen mir unbarmherzig klar – da ist nichts! Seit Monaten! Es geht mir nicht so schlecht. Ich habe eine Wohnung. Ich habe genug zu essen. Ich habe ausreichend Geld. Ich muss keine Kinder bei Laune halten und gleichzeitig Homeoffice machen. Also – warum jammere ich? Ich jammere, weil ich merke, dass ich keine Maschine bin. Ich funktioniere, klar, aber ein wichtiger Teil meines Lebens fehlt – die Kultur! Die Seiten sind leer. Kultur - das ist nicht nur Kino, Theater, Musik, Tanz, Gesang – das ist auch Miteinander, Fröhlichkeit, Nähe, Ungezwungenheit.
Ich habe einen Traum.
Ich träume, dass ich mich mit Freunden verabrede, sie umarme, mit ihnen Spaß habe. Ich träume, dass ich ins echte Theater gehe – nicht im Stream mit Beifall aus dem Applausomaten –, mit echten Schauspielern, die sich an echtem Beifall erfreuen können.
Ich habe einen Traum.
Ich träume, dass ich wieder mit meinem Kneipenchor in lockerer Athmosphäre proben und auftreten kann.
Ich habe einen Traum.
Ich träume, dass ich wieder mit meinen lieben Mitstreitern von der Bürgerbühne unter Friedas liebevollen Fittichen proben und fröhlich sein kann – und natürlich auf der Bühne stehen.
Ich habe einen Traum.
Ich träume, dass die leeren Seiten der Theaterbeilage wieder mit Informationen zu neuen Projekten gefüllt sind.
Ich habe einen Traum.
Ich träume, dass ich wieder Grund zum Lachen habe. Ich träume, dass ich auf dem Tisch tanze.
Wie heißt doch dieser Kalenderspruch?:
»Träume nicht dein Leben, sondern lebe deinen Traum.«
Ja - wie denn?
Mein liebes Theater,
herzlichen Dank für Deine Initiative, den Dialog mit Deinem Publikum zu eröffnen, eine ganz wunderbare Idee. Ich fürchte nur, dass meine Überlegungen Dich kaum erfreuen werden. Ja, Du willst wieder spielen und bespielt werden, aber wer wird Dich fördern? Ich wünsche mir sehr, dass Du nach der Pestilenz wieder zu alter Stärke zurückkehren kannst, allein, ich bin - hoffentlich zu Unrecht – skeptisch:
Zum Ersten zeigt das Virus unserer Gesellschaft den Spiegel vor, ob es uns gefällt oder nicht. Gewählte Entscheidungsträger definieren Systemrelevanz. Und Du liebes Theater bist nicht relevant, obwohl gerade Du dem Publikum, der Gesellschaft gern den Spiegel zeigtest. Ich fürchte, das Virus ist hierbei viel effektiver, erreicht es doch alle in unserem Land Lebenden. Du liebes Theater, hier wiederspreche ich Pit Holzwarth, bist eben doch »Luxus für eine Elite«. Wahrscheinlich bist Du es sogar immer gewesen. Die Freude an Wort und Ton, an Schauspiel und Schaubild ist nicht gerecht verteilt. Und die Fähigkeit, das Gehörte und das Gesehene zu reflektieren ebenfalls nicht. Und beides, die Freude daran und die Reflektion danach, können sich ohne Bildung kaum entwickeln. In diesem Zusammenhang meine ich nicht nur die Schulbildung, sondern eine darauf basierende Kultiviertheit und Konzentriertheit gegenüber dem Wort, der Note, der Tat und dem Bild auf der Bühne. Dass es hiermit nicht zum Besten bestellt ist, belegen Oberstufenschulklassen in Deinem Auditorium immer wieder eindrucksvoll. Smartphone-konforme Musiktitel sind kaum noch länger als 2.30 min, danach sinkt die Konzentration signifikant.
Zum Zweiten wird das Virus von einer ubiquitären Katerstimmung gefolgt werden. Dein Publikum ist nicht so jung wie Du es Dir wünscht und Sozialpsychologen prognostizieren bereits heute eine neue Biedermeierlichkeit. Schlagworte wie »zweisam und draußen« statt »gemeinsam und drinnen« werden bereits geäußert. Menschenmengen in Deinen geschlossenen Räumen werden auch nach Massenimpfungen kritisch bis argwöhnisch beäugt werden.
Zum Dritten hängst Du am Tropf der öffentlichen Subvention. Stimmen werden lauter, die fragen, warum die sehr kleine Minderheit der Theater- und Opernbesucher mit ca. 80% Deines Jahresbudgets so großzügig gefördert werden. Zumal dieser Minderheit zu einem großen Teil einer Klasse angehört, die sich gegen Beschimpfungen und Anfeindungen, auch von Deiner Bühne – als vermutlich einzige Klasse – nicht wehren darf, die Klasse der »alten weißen Männer«. Die Gruppe soll endlich Leiderfahrung spüren, ist es vielerorts zu lesen. Verrätst Du Dein Publikum?
Zum Viertem befindest Du Dich als politisch orientiertes Theater seit langem in der Krise: Das Sendungsbewusstsein mag ungebrochen sein, die Befähigung nachhaltig etwas bewirkt zu haben, kann ich weder bei Dir noch bei Deinen Geschwistern erkennen. Ein irreparabler Riss kennzeichnet das 20zigste Jahrhundert. Die Dir stets verbundene Virginia Woolf schrieb, dass sich im Dezember 1910 der menschliche Charakter veränderte. James Joyce Roman Ulysses und T.S. Eliot Gedicht The Waste Land veränderten die Vorstellungen der Menschen davon, was Lust und Kultur ist und was sie bewirken. Massenreproduktionen und Rundfunk veränderten die Populärkultur und ermöglichten neben Dir neue, andere Kunstformen und ein neues Publikum. 50 Jahre nach Peter Handkes »Publikumsbeschimpfungen« nehmen Beschimpfungen nicht ab, die Lethargie eines abgestumpften Publikums nimmt zu. Quellen, Strategien und Konzepte die Welt zu einem besseren zu Ort zu machen, gibt es ungezählt. Du hast Mitbewerber ungezählt.
Und nun, mein liebes Theater, was rate ich Dir?
Suche den Dialog mit Deinem Publikum. Suche den Dialog dort, wo wir sind. Draußen auf den Straßen, Märkten und Plätzen ungezählt. Zeige Dich dort, Dein Können, wecke das Interesse.
Nutze die Interaktion. Theaterstücke wie »Gott« und »Terror« zeigen moralische Dilemmata auf und zeigen in den Konflikten weder ein scheinheiliges Gesicht noch eine anbiedernde Haltung. Nach Voltaire kann man die Menschen zur Vernunft bringen, indem man sie dazu verleitet, selbst zu denken.
Lass uns teilhaben an Deinen Kenntnissen und Fähigkeiten, verwende die Sprache im bewahrenden Interesse der – meinetwegen – Urhebenden. Stelle ihre Schönheit, ihre Funktion, ihre Schwächen und Stärken dar, aber betreue nicht das Denken Deines Publikums. Das können die Dich verraten haben und Dir Systemrelevanz absprachen, besser, das kann sogar die Glotze besser.
Sei mobil, intensiviere die Kooperation mit anderen Deiner Klasse. Viele Produktionen sind zu schön, um sie anderen vorzuenthalten. Lade Produktionen ein, leite Produktionen weiter, tausche Dich aus. Sei aktiv, sei interaktiv!
Lieber Fabian Sell,
danke für Ihre kritischen und zugleich anregenden Worte.
Ich glaube zutiefst, dass Kultur an sich, egal ob im Museum, in der Bibliothek, an den Kunst- und Musikhochschulen, an kleineren freien Theatern oder den etwas größeren Stadt- oder Staatstheatern, an Konzert- und Opernhäusern – und hier wären nun noch unzählige weitere Kultureinrichtungen zu nennen – voller Energie und Mut und kreativer Ideen aus dieser trostlosen kulturfreien Zeit herausfinden und neu starten werden und viele unterschiedliche kritische Fragen und natürlich auch utopische Ideen in diesen für uns alle schwierigen Pandemiezeiten finden werden. Egal, ob Kultur systemrelevant für politische Leitlinien ist oder nicht – für uns Kulturschaffende überwiegt die Überzeugung, dass Kunst und Kultur auf jeden Fall für alle ! in unserer Gesellschaft lebensnotwendig und damit sozusagen lebensrelevant ist. Wir haben uns als Theater Lübeck stets bemüht, alle in unserer Gesellschaft einzuladen, zu unseren Theateraufführungen zu kommen, und auch, wenn es bestimmt das klassische bürgerliche Theaterpublikum durchaus gibt, sind bei uns im Publikum immer wieder jüngere und ältere kulturinteressierte Menschen aus den unterschiedlichsten gesellschaftlichen Bereichen anzutreffen. Ich glaube daran, dass sich in einer Stadt wie Lübeck, die ein vielzähliges und sehr breit aufgestelltes Kulturangebot fördert, sich das Publikum homogen verteilt, denn jeder sollte sich die Kunst oder das Theaterangebot heraussuchen, das ihm zuspricht. Hierbei ist ein etwas kleineres freies Theater genauso lebensrelevant wichtig für uns alle, wie große Schauspiel- oder Opernabende bei uns im Stadttheater. Auch finde ich es nicht richtig von Ihnen, Schüler:innen an sich kein Kultur- bzw. Theaterinteresse vorzuwerfen. Ja, es gibt die Schüler, die mit ihrem Smartphone während einer Aufführung herumspielen, aber es gibt genauso eine Vielzahl an Schüler:innen, die sich durch Museums- und Theaterbesuche inspirieren lassen und somit für ihr Heranwachsen vielleicht ganz plötzlich wunderbare Ideen und kreative Möglichkeiten für ihren Schul- und Berufsweg erfahren. Wir laden Schüler:innen und Student:innen regelmässig zu uns ins Stadttheater zu unterschiedlichen Veranstaltungen ein und diskutieren mit ihnen. Dies ist übrigens ein konkreter Bildungsauftrag der Politik an die Museen und die Theater, dem wir mit Verantwortung und künstlerisch-pädagogischer Arbeit intensiv nachkommen. Und Ihren Vorwurf, dass wir als Theater lange schon nicht mehr politisch wirken, sehe ich auch etwas anders. Ich darf hier nur an Pit Holzwarths Aufführung von »Istanbul« und an Malte C. Lachmanns »Dreigroschenoper« erinnern, beides kritische gesellschaftspolitische Abende, die auch gerade von der Presse dahingehend positiv besprochen wurden. Ihrem letzten Abschnitt stimme ich teilweise zu, denn ich finde es richtig von Ihnen uns aufzufordern, mehr in die Stadt hinein zu wirken. Sie haben auch richtig festgestellt, dass alle Menschen Teilhabe an Kultur haben sollten, das wäre ideal und wünschenswert – ich sehe dies als Aufforderung von Ihnen, sich noch mehr um alle Menschen in unserer Gesellschaft zu bemühen. Allerdings glaube ich sehr wohl, dass wir gerade den Dialog mit allen Menschen unserer Stadt aufrichtig suchen und uns ihnen zur Diskussion stellen.
Danke für Ihre offenen Worte, Michael Fuchs (Schauspieler)
Danke für die eindrucksvolle Aktion. auch die weiße »Programmvorschau« als Beilage der LN war sehr eindrucksvoll. Die weiße Fläche zwingt zum Nachdenken über die aufgeworfenen Fragen. Und ja, ich sehne mich nach Theater!
Liebe »Theaterleute«,
welch eine Sonderausgabe der Monatszeitung!
Die leeren Seiten haben mich mehr beeindruckt als viele Worte.
Erschrecken und Erkenntnis.
Rührung und Gänsehaut.
Große Aufmerksamkeit!
Vielen Dank für solche nachhaltige Anregung!
Der Inhalt hinter dem QR-Code konkretisiert das dann obendrein ...
Ich finde es mehr als traurig, welchen Stellenwert die Kultur bei unseren Politiker hat. VW macht 10 Milliarden Gewinn und bekommt dennoch staatliche Corona-Gelder, aber freiberufliche Künstler müssen ALG 2 beantragen?
Das Infektionsrisiko ist nach wissenschaftlichen Studien in Theatern gering und dennoch sind nicht mal Vorstellungen nach Schnelltests möglich?
Gerade in Krisenzeiten ist Kultur das, was Menschen benötigen, um keinen seelischen Schaden zu nehmen.
Ich wünsche mir sehr, dass Theater wieder öffnen dürfen. Die Hygienekonzepte waren für mich schlüssig und grundsätzlich glaube ich auch, dass Menschen sich, wenn auch mit Abstand, wieder begegnen müssen, um gemeinsam Schönes zu erleben.
Alles Gute!
Moin aus Hamburg-Finkenwerder!
Ob man will oder nicht, Corona verändert uns, das ist schleichend, fast zu spät bemerkt man die Veränderung!
Was für ein Leben hatten wir! Mein Mann und ich, zwei Kulturverrückte, die die Opernhäuser und Theater im Norden abgrasen, abgrasten stimmt jetzt eher!
Und in Lübeck haben wir Abende verbracht ohnegleichen! Allein schon das Theater an sich! So wunderschön! Und dann die diversen Opern, die Schauspiele, der Johnny Cash- und Edith Piaf-Abend, Ausgrabungen von Korngold und anderen! Jedesmal lohnte sich die Fahrt!
Wir vermissen das schmerzlich, es tut richtig weh, auch die anderen Theater wollen wir nicht vergessen! Alle Kulturschaffende!
Aber Lübeck war immer ein Highlight, das Personal so freundlich hilfsbereit, es stimmte alles!
Jetzt Leere und Dunkelheit, Mutationen drohen, aber die Kultur geht nicht unter, es wird weitergehen und wir halten Ihnen die Treue, Sie machen einen tollen Job!!!
Bleiben Sie gesund, das wünschen von Herzen
Morten Timmermann und Daniel von der Fecht!!
Ich möchte diese Gelegenheit nutzen, um mich bei unserem Publikum zu bedanken. Diese Aktion, Ihre Reaktionen hier, das führt mir einmal mehr ins Bewusstsein, wie eng die Verbindung zwischen uns Akteuren auf der Bühne und Ihnen allen ist. Ihre Leidenschaft, Ihre Begeisterungsfähigkeit, Ihre Treue, Ihre Zugewandtheit – das gibt uns so viel Kraft! Bei jeder einzelnen Vorstellung, aber auch jetzt in diesen Zeiten des Vakuums. Und Ihr Zuspruch füllt dieses Vakuum konstruktiv. Das ist so bitter nötig.
Das weiße Blatt beinhaltet ja auch die Möglichkeit des Neuanfangs. Nichts mehr für selbstverständlich zu nehmen. Jede Begegnung, jeden Live-Theaterabend als das zu nehmen, was er ist: ein kleines Wunder. Ich freue mich auf die Rückkehr der Livekultur...und auf Sie alle.
Andeas Hutzel (Schauspieler)
Wir (meine Frau und ich) wünschen uns sehnlich, wieder ins Theater gehen zu dürfen. Aber ich denke, dass wir noch etwas solidarisch mit den Geschäften, Restaurants, Kneipen, usw. bleiben und auf bessere Zeiten hoffen müssen.
Umso schöner, wenn es wieder losgeht.
Haltet durch, herzliche Grüße!
Liebes Theater Lübeck,
Ein Jahr Corona – ein Jahr ohne Theater, Konzerte, Straßenfeste, Festivals..... ein »kulturloses« Leben – schrecklich!
Das Theater Lübeck begleitet mich seit meiner Kindheit. Erst Weihnachtsmärchen mit den Großeltern – ich weiß heute noch, wie aufgeregt und beeindruckt ich bei meinem ersten Besuch im Großen Haus war – dann erste Schwärmereien für bestimmte Schauspieler – Folker Bonet (ich glaube, so hieß er!!) als Romeo – immer wieder tolle Vorstellungen in allen drei Spielräumen – große Trauer, als das Ballettensemble aufgelöst wurde – aber immer eine Konstante in meinem Leben.
Und vor zwei Jahren habe ich es tatsächlich selbst auf die Bühne – zuerst war´s eine Reithalle – geschafft! Was für eine Erfahrung, mit der Bürgerbühne unter Friedas wundervoller Leitung und mit tollen Menschen ein Stück zu gestalten und zu präsentieren, das in jeder Beziehung eine »Grenz«-Erfahrung war! Dieses einmalige Ensemble, dieses Miteinander, all unsere gemeinsamen Hochs und Tiefs, die Freude, der Spaß und, und, und – all das vermisse ich unendlich. Dass wir uns nicht treffen können, nicht proben können, nichts planen können, zum Stillstand verdammt sind – es tut weh und hinterlässt Spuren.
Und dann frage ich mich, wie furchtbar es erst für alle »wirklichen« Kulturschaffenden sein muss, ihre Arbeit – für viele sicher auch ihre Berufung, Leidenschaft – nicht mehr ausüben zu können! Kultur ist systemrelevant, denn sie ist – zumindest für mich – Nahrung für Geist und Seele. Ohne Kultur verkümmern wir – mehr oder weniger.
Ich wünsche mir, dass wir alle bald wieder Kultur in allen Facetten erleben und genießen können!
Dörte Purschke-Folz
Liebe Mitmenschen,
zunächst einmal möchte ich kurz meiner Freude Ausdruck verleihen, wie sehr ich aus den Kommentaren die Wertschätzung für das Theater ersehen kann. Schön ist das zu lesen. Und nun möchte ich mich etwas kritisch mit einer Antwort auf die Frage auseinandersetzen:
»Müssen wir mehr Ansteckungsrisiko in Kauf nehmen, um unser Menschsein nicht zu verlieren? Wie gehen wir mit dem Dilemma um: Freiheit oder Sicherheit?«
Das momentan oft bemühte Narrativ des »Menschsein« und der »Freiheit« scheint mir im Verständnis an die Möglichkeiten gebunden zu sein, unbeschränkt und selbstbezogen meine Bedürfnisse nach Freizeitgestaltung in allen Facetten, Geselligkeit, Bewegungsfreiheit etc. ausleben zu können. Und man braucht nur in die Medien zu sehen und stellt fest: genau in diesem Verständnis wird es doch arg quengelig gerade in der Republik.
Man staunt, mit welcher Vehemenz die verschiedenen Branchen, Verbände und Einrichtungen das Wort »fordern« in den Mund nehmen. Die Politik hat diesem Bedürfnis mit dem sogenannten Lockdown Light zu entsprechen versucht und dafür sind wir arg verprügelt worden von der Pandemie, trotz angeblich sicherer Hygienekonzepte. Darüber maße ich mir kein Urteil an, es ist eine sachliche Feststellung.
Was mich antreibt ist, vielleicht den Begriff »Menschsein« doch einmal zu überdenken. Für mich bedeutet es Mitmenschlichkeit, Solidarität, sein Ego auch mal hintenanzustellen, nicht seinen Bedürfnissen selbstbezogen nachzustellen und Verzicht zu üben. Die Pandemie zwingt uns eigentlich, vielleicht vernachlässigte Tugenden leben zu müssen.
All die Dinge, auf die wir momentan verzichten müssen, machen wir, um als Solidargemeinschaft mit möglichst wenig Tod und Leiden durch dieses traurige Jahrhundertereignis zu kommen. Wir machen dies aus Rücksicht und Empathie für die Schwächeren der Gesellschaft. Und daran misst sich die Qualität einer Gesellschaft, an ihrem Umgang mit den Schwächeren.
Vielleicht lassen sich auch ein paar Minuten an Gedanken auf diesen Aspekt lenken, anstatt sich auch in den Chor der Missmutigen einzureihen und den Verzicht und die Einschränkungen als Zumutung zu empfinden und nur negatives Vokabular und Sichtweisen zu strapazieren.
Die Pandemie verspricht doch durch die Impfungen in absehbarer Zeit ein Ende zu haben. Ich freue mich dann wieder übrigens auf das Theater, es wird doch wieder möglich sein. Ist das nicht schön? Müssen wir jetzt auf den zwar langen, aber letzten Metern so quengelig werden?
Ich finde nicht.
Eine persönliche Antwort noch auf den anderen Teil der Frage »Müssen wir mehr Ansteckungsrisiko in Kauf nehmen?«: Nein, bestimmt nicht. Ich spiele nicht Lotto mit dem Leben oder der Gesundheit meiner Mitmenschen und meinem eigenen. Mein Verständnis von »Menschsein« habe ich erläutert und somit stellt sich die Frage nach Risikobereitschaft nicht.
Bleiben Sie zuversichtlich und gesund.
ZITAT: »Ohne Kultur, gibt es keine Moral« – Daniel Barenboim, zum Thema »Corona«
Ihr lieben Kulturschenkenden,
wir missen Euch sehr!!! Die Aufführungen, die Musik, die Kunst – halt die Kultur!!!
Wie waren wir überglücklich als nach dem ersten Lockdown das Theater seine Türen wieder öffnete und wie entsetzt darüber, dass so viele Schwierigkeiten damit hatten, sich an die vorgegebenen Hygieneregeln zu halten. Wir hoffen, dass bei der nächsten Öffnung diese Menschen – der Kultur zu liebe – sich an Eure Vorgaben halten! Eure Monatszeitung hat uns sehr bewegt!
Sehr geehrte Kunstschaffende,
wir sind sehr traurig, dass der Spielbetrieb wieder runtergefahren wurde, zumal ihr Konzept allen Ansprüchen entsprach.
Wir haben bisher immer eigenverantwortlich gelebt und wollen es auch weiter tun. Wenn es also möglich wird, dieses zum
Ausdruck zu bringen, sind wir da.
Ihre Beilage mit den weißen Seiten ist eine tolle Idee und zeigt, wie wichtig Theater, Schauspiel und Konzert im Miteinander der
Menschen ist.
Es wäre fatal, wenn wir aus dieser Phase rausgehen mit der Einstellung, dass jeder Mitmensch für den anderen gefährlich ist.
Liebe Schauspieler, liebe Theaterleute!
Mit großer Betroffenheit haben wir heute Ihre heutige Monatszeitung betrachtet. Auch wir vermissen das Theater wie auch alle anderen kulturellen Einrichtungen z.B. Museen und Kinos sehr. Sobald sie wieder öffnen dürfen, werden wir zur Stelle sein. Ihr Hygienekonzept im Herbst fanden wir überzeugend, und wir trauen es uns und unseren Mitmenschen zu, eigenverantwortlich mit den Risiken dieser Pandemie umzugehen.
Ulrike Sauerland und Dr. Martina Mesing