Schauspiel

Der Schimmelreiter

von Theodor Storm

von Theodor Storm

Hauke Haien betrachtet das Meer, wie die Wellen am Deich brechen. In seiner Vorstellung entsteht ein neuer, sicherer Schutzwall – der Junge liest Euklid, rechnet und konstruiert. Später tritt der Außenseiter als Knecht beim Deichgrafen in Dienst, nicht in den Ställen unterstützt er ihn, sondern bei den Konstruktionsarbeiten. Elke, die Tochter des Deichgrafen, teilt Haukes Interesse an den Naturwissenschaften, sie freunden sich an, eine tiefe Liebe entsteht zwischen ihnen und verbindet sie bis in den Tod. Durch die Heirat mit Elke kann der vormals mittellose Hauke nach dem Tod seines Schwiegervaters das Amt des Deichgrafen übernehmen und seine Vision vom neuen Deich umsetzen. Doch die Dorfgemeinschaft misstraut dem neuen Deichgrafen, Hauke Haiens kühle Berechnungen liegen quer zu ihrer Religion, Tradition und dem Aberglauben.

Besonders Ole Peters sieht im neuen Deichgrafen seinen Gegner, der ihn um Elke und den Posten des Deichgrafen betrogen habe. Der Argwohn trifft sogar Hauke Haiens Pferd, er hatte den Schimmel verwahrlost gekauft und aufgepäppelt. Die Dörfler sehen in dem Schimmel die Wiederbelebung des gespenstischen Pferdegerippes, das vormals bei Unwetter auf der verlassenen Hallig spukte.

Hauke Haien will Licht in abergläubische Vernebelung bringen, er glaubt an die Vernunft und an den funktionalen neuen Deich, doch mit seinen Neuerungen macht er sich in den Augen der einheimischen Gemeinschaft zum Herausforderer Gottes. Der Deichgraf bricht mit dem Brauch, etwas Lebendiges in das Fundament des Deichs einzubauen, und er profitiert persönlich von den, dem Meer neu abgetrotzten, Landstücken. So wächst der Widerstand gegen seine Person, und geschwächt stimmt Hauke Haien einem Kompromiss hinsichtlich des alten Deiches zu. Dies wird dem Schimmelreiter und seiner Familie zum Verhängnis.

Theodor Storm beschäftigte sich Jahrzehnte mit der Sage, bevor er kurz vor seinem Tod 1888 die eindrückliche Novelle über die Naturgewalt, über Vernunft, Veränderungswillen und Beharrungskräfte verfasste. »Der Schimmelreiter« ist Brit Bartkowiaks erste Regiearbeit am Theater Lübeck, sie hat bereits an zahlreichen deutschen Bühnen inszeniert, wie dem Deutschen Theater Berlin und dem Staatstheater Mainz.

Besetzung

Inszenierung Brit Bartkowiak
Kostüme Camilla Daemen
Musik/Komposition Xell.
Dramaturgie Anja Sackarendt
Hauke Haien Johann David Talinski
Elke Volkerts u.a. Mira Fajfer
Tede Volkerts u.a. Michael Fuchs
Ole Peters u.a. Heiner Kock
Trien‘ Jans u.a. Susanne Höhne
Der Schimmelreiter
Foto: Jörg Landsberg
ca. 1 Stunde, 50 Minuten (keine Pause)

Pressestimmen

»Großes Theater trotz Pandemie […] Die Premiere wurde ein voller Erfolg. […] Die Regiearbeit sorgt immer wieder für eindringliche Szenen, der Zuschauer wird in das Geschehen auf der Bühne hinein gezogen. Die fünf Darsteller leisten in dieser Inszenierung Großes. […] Am Ende gab es viel Applaus für diese kluge Inszenierung und die Leistung der Darsteller. Dieser ›Schimmelreiter‹ ist ein Beweis dafür, dass Theater auch in Zeiten der Pandemie funktionieren kann.«

Lübecker Nachrichten

»Und Lübecks Schimmelreiter darf auch komisch sein, wenn die Darsteller hier und da ihre Rollen verlassen, um über Stück und Spiel zu diskutieren etwa, und wenn Susanne Höhne als spökenkiekende Trien Jans auf die Bühne schlurft. Oder lachen wir am Ende über uns selbst? Obwohl in seiner zurückblickenden Erzählform belassen, zieht die Inszenierung ihr Publikum oft in die Gegenwart.«

shz

»Mit großer Intensität spielt Johann David Talinski diesen einsamen Fantasten, der seine neue Deichform durchsetzt. […] Einfühlsam und mit großer Ruhe, zugleich herb und aufrichtig wird sie von Mira Fajfer gestaltet. […] Es war eine temporeiche Aufführung, die viele Eigenheiten von Storms Novelle verdeutlichte, die die Charaktere plastisch umschrieb.«

unser Lübeck

»Brit Bartkowiak bringt das Meisterwerk jetzt dramatisiert in die Kammerspiele: Eine schaurig-schöne Inszenierung […] Sehenswerte 90 Minuten lang hadert Hauke mit der Welt.«

Lübeckische Blätter

»Heiner Kock beeindruckt mit seiner Bühnenpräsenz und Wandlungsfähigkeit. Schlussendlich ein […] lohnenswerter Abend.«

ultimo