Schauspiel

Fräulein Else

Monolog nach der Novelle von Arthur Schnitzler, in einer Fassung von Johanna Retzer

Der Wiener Arzt und Erzähler Arthur Schnitzler teilte eine Gemeinsamkeit mit seinem Brieffreund, dem Psychoanalytiker Siegmund Freund – er interessierte sich leidenschaftlich für die Windungen und Abgründe der menschlichen Seele. In der 1924 erschienenen Novelle »Fräulein Else« setzt er seine Titelheldin einem schier unlösbaren seelischen Konflikt aus:
Die neunzehnjährige Else verbringt ihre Ferien in einem italienischen Kurort, als ihr ein Eilbrief ihrer Mutter überreicht wird. Die Familie steht vor dem Bankrott, da der Vater Gelder unterschlagen und verspekuliert hat, es droht ein gewaltiger Skandal. Die Mutter fleht nun ihre Tochter an, sich das Geld von einem vor Ort weilenden Kunsthändler zu leihen, einem alten Geschäftsfreund des Vaters. Von Dorsay erklärt sich dazu bereit, knüpft an die Zahlung allerdings die Bedingung, dass Else sich vor ihm auszieht und ihm ihre Nacktheit präsentiert. Else ist zutiefst schockiert und entsetzt, aber steht nun vor einer unmöglichen Wahl – sich dem Vater zuliebe erniedrigen oder aber ihre Selbstachtung wahren und ihn damit zur Haftstrafe verurteilen.

Es ist schon verblüffend: Fast 100 Jahre nach seinem Erscheinen stellt »Fräulein Else« Fragen, die akuter denn je sind: Wie gehen wir mit Moral, Macht und Verantwortung um? Was sind meine Werte, was sind die Konsequenzen meines Tuns? Wie definiere ich meine Identität, gerade in Zeiten omnipräsenter Social Media-Plattformen? Habe ich überhaupt noch die Kontrolle über mein Abbild, meinen Körper?  

Besetzung

Inszenierung Johanna Retzer
Bühne & Kostüme Carlotta Oetter
Dramaturgie Oliver Held
Fräulein Else Anna-Lena Hitzfeld
 Fräulein   Else
Foto: Sebastian Brummer
Wiederaufnahme 18/10/24 · Studio

Dauer: ca. 1 Stunde, 15 Minuten (keine Pause)

Pressestimmen

»Am Werk ist eine Riege junger weiblicher Talente: Johanna Retzer, die in der vergangenen Spielzeit als Regieassistentin ans Theater Lübeck kam, legt mit ›Fräulein Else‹ ihre erste eigenständige Inszenierung vor, und auch die klug aktualisierte Textfassung stammt von ihr. Carlotta Oetter, bisher Ausstattungsassistentin, ist für Bühne und Kostüme verantwortlich. Für beide ist es ein vielversprechendes Debüt. Viel von dem Applaus galt […] der Schauspielerin Anna-Lena Hitzfeld, die als Else einen starken Solo-Auftritt hat. […] Die Live-Kamera […] macht hier auch inhaltlich […] Sinn: Else muss ›content‹ filmen für ihre Social Media-Kanäle. Großartig ausgewählt sind die Songs, die angespielt werden […]. Diese ›Fräulein Else‹ bietet Diskussions- und Denkstoff – und zeigt sich damit als Klassiker im besten Sinne.«

Lübecker Nachrichten