Schauspiel

Glückliche Tage

von Samuel Beckett · Deutsch von Erika und Elmar Tophoven

von Samuel Beckett
Deutsch von Erika und Elmar Tophoven

Im Herbst 1960 beginnt Beckett ein »weibliches Solo« – vor Augen steht ihm von Anfang an eine Landschaft: »Weite versengte Grasebene, die sich in der Mitte zu einem kleinen Hügel erhebt«. Genau in der Mitte des Hügels ist die Protagonistin, Winnie – eine Frau um die Fünfzig – bis über die Taille eingegraben. Ein schrilles Klingeln erweckt sie zu einem Monolog, in dem sie plappernd den glücklichen Tag lobt und aus ihrem Ledersack verschiedene Gebrauchsgegenstände zieht und anwendet. Sie putzt ihre Zähne und Brille, nimmt Medizin gegen Lust- und Appetitlosigkeit, schminkt ihre Lippen. Die Sonne brennt, sie spannt den Schirm auf und legt einen Revolver bereit. Sie redet über Abwesende, feilt ihre Nägel, erinnert sich und reflektiert in fröhlicher Beiläufigkeit.

»Ach ja, wenn ich es nur ertragen könnte, allein zu sein, ich meine, vor mich hin zu quasseln, ohne daß mich eine Menschenseele hört.« Winnie monologisiert, doch sie ist nicht allein: Hinter dem Hügel liest ihr Gefährte Willie, schwerhörig oder debil, in jedem Fall wortkarg, Zeitung oder schaut sich eine obszöne Postkarte an. Als er im zweiten Akt versucht auf den Hügel zu ihr zu krabbeln, ist Winnie schon bis zum Hals eingebettet. Obwohl sie nur noch ihre Augen bewegen kann, scheint sie auch angesichts der nahenden Katastrophe entschlossen, heiter bleiben zu wollen. Sie summt die Melodie ihrer Spieldose, singt sanft das Liebeswalzerduett »Lippen schweigen, ’s flüstern Geigen: Hab’ mich lieb!« aus Franz Lehárs Operette »Die lustige Witwe«.

Für Beckett war das Theater keine moralische Anstalt, er wolle weder belehren noch verbessern noch den Leuten die Langeweile vertreiben. »Ich will Poesie in das Drama bringen, eine Poesie, die das Nichts durchschritten hat und in einem neuen Raum einen neuen Anfang findet.« Die junge Regisseurin Catrin Mosler wird nach Thomas Manns »Tonio Kröger« erneut mit der ihr eigenen Liebe zur Literatur und inszenatorischen Phantasie einen modernen Klassiker auf die Studiobühne bringen.

Besetzung

Inszenierung Catrin Mosler
Ausstattung Nicole Zielke
Dramaturgie Katrin Aissen
Willie Sven Simon
Glückliche Tage
Foto: Falk von Traubenberg
Premiere 02/12/21 | Junges Studio

1 Stunde, 25 Minuten (keine Pause)

Pressestimmen

»Beeindruckend, wie sich […] die junge Regisseurin Catrin Mosler und vor allem Astrid Färber als Winnie der Aufgabe gewachsen zeigen. Färber ist ein Ereignis, sie versteht es mit herausragender Spiel- und Sprechkunst das Publikum im Studio fast eineinhalb Stunden lang vollständig in ihren Bann zu ziehen. In Gesicht und Haltung zündet sie ein Feuerwerk ständig wechselnder Empfindungen. […] Sven Simon als ihr wortkarger Kompagnon Willie unterstützt mit komödiantisch gelungenen Kurzauftritten. […] Das [Publikum] verließ nach der Premiere angeregt und sehr beglückt das Theater.«

Lübecker Nachrichten

»Catrin Mosler hat das Stück [Glückliche Tage] jetzt für das Junge Studio im Theater Lübeck inszeniert. Mit den Schauspielgranden Astrid Färber und Sven Simon wird es zu einem großen Abend […] [mit] grandiose[m] Spiel von Färber und Simon, die mit großem Ernst das Komische der Tragik und intelligent das Tragische der Komik zeigen.«

shz

»Astrid Färber brilliert in Samuel Becketts ›Glückliche Tage‹. […] Die auf das Wesentliche beschränkte und doch abwechslungsreiche Inszenierung von Catrin Mosler wird zu keinem Zeitpunkt langweilig. […] Noch mehr jedoch besticht die Mimik der Hauptdarstellerin. Diese kostet das volle Spektrum ihrer Möglichkeiten aus und haucht damit Winnie Leben ein […]. Eine Inszenierung, die sich Liebhaber:innen des absurden Theaters ansehen sollten!«

ultimo

»Die Premiere […] ist eine besondere […] gewesen, denn bei dem Stück gibt es nur zwei Darsteller. […] Das Publikum war auf jeden Fall begeistert, vor allem von der plappernden Winnie […]. ›Tolle Leistung von ihr, also großartig.‹ ›Ich mag das Stück sehr gerne, da es so schön zeigt, wie man auch im Alter die Hoffnung hochhalten kann. Dieser Abend hat das gezeigt und das gefällt mir sehr gut.‹ […] ›Glückliche Tage‹ ist ein einziger Monolog mit skurrilen Momenten, aber gerade deshalb ist ein kurzweiliges und witziges Stück.« 

NDR Kultur